GUDRUN PETZOLD - W. JO BRUNNER
von Hanne Vollmer
In der Zeit vom 15.März bis zum 05.April 2009 wird die GALERIE METZGER wieder zu einem Ort der Begegnungen. Das Künstlerduo GUDRUN PETZOLD, Keramik und W. JO BRUNNER, Malerei bespielt mit seinen Arbeiten die Räume der alten Scheune in Johannesberg. Sie greifen mit ihren Werken die Herausforderung des Bauwerkes auf: Malerei, die auf Eindrücke in der Bergwelt zurückgeht, begegnet keramischen Plastiken, die auf Beobachtungen am Wegrand basieren. Beide Künstler schaffen in Zyklen und veranschaulichen so die langen Prozesse, denen Erscheinungen und Formen durch die Kräfte der Natur ausgesetzt sind. In Zuordnungen im Raum erarbeiten sie dann Blickachsen zwischen Bildern, Objekten und den verschiedenen Raumebenen. Die Chance des Betrachters, die Werke in der Annäherung, im Gegenüber und im Weitergehen zu erleben, führt zu immer neuen Ansichten und ggf. Einsichten.
Seinen Anfang nimmt alles in der Begegnung Mensch – Natur. Beginnend mit der Betrachtung der KAPSELN von GUDRUN PETZOLD zeigt sich, welchen Formenreichtum ein solch in sich geschlossener Themenkreis birgt. Gudrun Petzold nimmt diese Inspiration auf. Sie arbeitet ihre Kapseln von innen nach außen, geschlossen – aufbrechend – offen. All diese Stadien gewinnen Gestalt unter den Händen der Künstlerin. Eine spröde Außenhaut umschließt die Objekte mit ihren unterschiedlichen Volumina. Mit Kurven und Geraden greifen sie in den Raum und setzen so Vorstellungen vom Ausstreuen der Samen frei. Die Spannkraft der bergenden Form steht unter dem Druck der Reife. Sie zeigt Risse und Ausbuchtungen bis hin zur Sprengung. So erfahren wir die Kostbarkeit von Zeit und Leben.
Während die Kapseln, jene Zeichen organischen Lebens vom jahreszeitlichen Rhythmus sprechen, beschäftigen Gudrun Petzold ebenso die scheinbar langsamen Veränderungen in der anorganischen Natur. Ihnen widmet sie die Reihen der GLETSCHERMÜHLEN und EROSIONEN. Hier werden Materialgemenge und der lange Weg durch die Zeit sichtbar. Abtragungen schaffen Klüfte - Sonne, Windschliff, Regen und Eis legen Schichtungen und Verwerfungen frei. Hier bestimmen Struktur, Form und Farbe die Arbeiten. Die radialen Objekte brechen bewusst die Anmutung von Bergen und Felswänden, assoziieren aber auch Geröll. Vergleichbar geologischen Ablagerungen, schichtet Gudrun Petzold verschiedenfarbige Tone in feine Streifen aufeinander. Die Skulpturen sind aber auch als Überlagerung von Grabungsschnitten und von untergegangen Kulturen lesbar. Im Arbeitprozess werden Farbkörper den Engoben beigemengt oder partiell mit dem Pinsel aufgetragen. Je nach der gesuchten Farbigkeit werden die Plastiken mit Glasuren bemalt und stellenweise wieder freigewischt.
Der Maler W. JO BRUNNER greift den Dialog Raum – Skulptur auf und führt ihn mit seinen Bildern in die Weite. Seit seiner Kindheit lässt den Schweizer die Bergwelt nicht los. So versucht er nach eigenen Worten DAS WESEN GEBIRGE mit dessen Urkräften, den Verschüttungen und Abgründen, aber auch mit seiner großen Kraft und Stille, mit den Mitteln der Malerei, Fotografie und Film zu erforschen. Innerhalb dieser einzelnen Arbeitsgruppen gibt es jeweils Reihen, z.B. BILDER VON DEN BERGEN seit 1980. Sie sprechen vom Wandel, den Wasserschleiern, Wolken und Nebel. Vorbeiziehend geben sie Blicke frei, um im nächsten Augenblick die Strukturen wieder zu verdecken.
Die STATIONEN, 2003 begonnen, beziehen sich auf das Binnenleben des Berges. Es sind Notationen aus der Gebirgstopografie und Beschreibung des bewegten Geländes. Ein labiles Gleichgewicht findet Ausdruck im spontanen Gestus. Malerische Dichte in Farbnestern wird von Grafismen überflogen wie von Wind und Vogelflug. Alles ist preisgegeben den Kräften aus dem Erdinnern und der Atmosphäre.
Die Kompositionen zur Reihe ANNAPURNA wirken in ihrer gebündelten Dynamik wie Stürze und Steinschlag ins Leere.
"Auch vom Regendunst verhüllt
bleibt der Berg wunderschön"
sagt der Dichter Basho.
Videos von Fließwasser unter der Eisdecke, oder von ziehenden Wolken und Nebelschwaden geben uns Einblick ins auslösende Geschehen. Die Bewegungsmomente und das sich wandelnde Licht lassen uns ins reine Anschauen versinken. Und um noch einmal den Maler zu zitieren: Wo ist das Auf und Ab künstlerischen Tuns … stärker präsent, als in der ständigen Veränderung, im Fließen und Verstürzen der Gebirgswelt? Dies ist meine Antwort, „eine manische Liebeserklärung“, aber auch eine Parabel existenziellen, künstlerischen Daseins.
So werden bei beiden Künstlern Naturerlebnisse zu Metaphern für Werden – Sein – Vergehen, gefiltert durch zwei Persönlichkeiten, die miteinander im Dialog stehen und den Ort der Handlung frei wählen.